Ohrenbetäubendes Quietschen zieht durch die Goethestraße. Gummi reibt auf Gummi, und es stinkt merzialisch nach selbigen. Das Geräusch zieht durch Zahn, Mark und Bein. Frauen machen schmerzverzerrte Gesichter. Die Männer am Straßenrand toben, so etwas will die Menge sehen. Unmittelbar nach dem Zielstrich hauen die Fahrer aus hoher Geschwindigkeit alles auf die Räder was bremst. Der Bremsweg mancher Seifenkiste ist fast so lang wie die Rennstrecke. Ist Hohenleipisch eine Seifenkistenhochburg? Nachdem am vergangenen Samstag mehr Zuschauer das Rennen der kleinen Kisten verfolgten, als das Spiel der Kicker der Fußballer- Hochburg Hohenleipisch, "...sollten wir dieser Frage mal nachgehen", so Rennleiter und Gemeindevertreter René Schöne. Diesmal ging es von einer noch höheren, steileren und damit noch gefährlicheren Rampe als beim letzten Wettkampf. Hinter dem Ziel griffen Fänger vom Dreskaer Jugendclub nach den vorbeisausenden Wagen. Mehrere Strohsäcke am Ende der Rennstrecke verhinderten das Schlimmste. Unmittelbar vor dem Rennen hatte eine Straßenbaufirma eine "Schikane" in Form eines Grabens eingebaut. Baufirma und Rennleitung hatten die Zustimmung vom Straßenbauamt, unbürokratisch wurde der Graben für den Renntag wieder zubetoniert. Perfektionismus kommt aus Plessa. Das Fischerteam mit Fahrer Christian und Vati Günther Fischer sowie Opa Manfred Wurzel als Mechaniker haben ihren Mc Laren Mercedes perfektioniert. Die kleine Schwester Jessi hilft als Boxenluder. "Opa, das Auto ist doch höher gelegt", erkennt Christian sofort. "Ich musste eine neue Achse einbauen, dazu hat der Wagen jetzt Lenkung und eine Heckflosse", erklärt Manfred Wurzel. Im Juni hatte der damals noch unlenkbare Wagen die Reifenstapel erwischt , Achsenbruch! Vor dem Rennen wurde von einem LKW- für die Motorhaube ein riesiger Mercedes- Stern abmontiert. "Das fetzt doch oder ? Der Stern ist nur geborgt, musste ich zwei Stunden polieren. Ab Montag fährt er wieder durch Europa", gibt Opa Manfred Details heraus. Die Karosse stammt von einem Trabi, garantiert nicht Windkanal getestet. Daran hatte keiner gedacht, durch die steilere Rampe setzt der Mercedes beim Start mit der Nase auf. Mit Knacken in Genick und Steiß fräst die Bodenplatte unter Funkenflug zwei Kerben in die Goethestraße. Das kostet Zeit, am Ende reicht es für den ersten Platz in der Konstrukteurswertung und den vierten beim Zeitfahren. Den Sieg fuhren erneut auf Platz eins und zwei die Hartmannschwestern Claudia und Madlen mit dem gleichen Wagen ein. Das an der Rennstrecke wohnende Team ist in der Konstruktion weit voraus . Kleiner und damit windschlüpfriger Fahrer, große Räder und eine mit Gewichten ausnovelierte Karosse, dass ist die Erfolgsstory zum bereits dritten Sieg. In der Nase des Rennwagens liegt eine Einkaufstasche mit Wackersteinen, das Heck beschweren mehrere Granite. "Haben wir getestet, drei Steine mehr macht eine Sekunde weniger Zeit", gibt Madlen an. "Gewichte ! Das ist uns zu gefährlich. Der Wagen muss ja zu bremsen sein", erklärt dagegen Vati Olaf Ducke vom drittplazierten "Lange-Ducke Team". Steine waren hier auch nicht nötig, mit Mirian Lange und Mario Ducke saßen gleich zwei Fahrer im Wagen. Einer zum lenken mit der Fußlenkung, der zweite im Heck zum bremsen. Eine ähnliche Strategie hatten auch Alexander Biebach und Steffen Mörlin vom "Coca Cola Team" ausgeknobelt. Fast war das Seifenkistenrennen international, gab René Schöne zum Auftakt bekannt. Ein in der Hohenleipischer Muna wohnendes Team aus Sambia soll seinen Rennwagen nur noch nicht fertig haben. Als Ehrengast wurde ganz weltmännisch der "Präsident des Kleinstaates Hohenleipisch" Bürgermeister Wolfram Herold als Stifter der Pokale begrüßt. Der Kreissportbund und das "Kick-Projekt" des Landkreises Elbe- Elster mit seinen Mitarbeitern Jacqueline Fußy und Sylvio Bornack an Stoppuhr und Funkgerät gaben Unterstützung beim Rennen. Nach der Siegerehrung gab es die übliche Sektdusche, in diesem Fall mit Kindersekt.
Text: Veit Rösler